Was bringt die oö. Direkt-Demokratie-Reform?
Auf Landesebene wird die Hürde für eine Bürgerinitiative (eine Art "Volksbegehren", mit dem sich der Landtag beschäftigen muss) von 3% auf 2% gesenkt. Eine unverbindliche Volksbefragung konnte bislang mit 8% ausgelöst werden. Dies wird auf 4% gesenkt.
Auf Gemeindeebene wurden die bislang sehr unterschiedlichen Regeln zwischen Statutarstädten und sonstigen Gemeinden vereinheitlicht. So wird es künftig die Möglichkeit einer Bürgerinitiative bei einheitlich 2% geben. Für eine Volksbefragung hingegen sind die Hürden gestaffelt. In Linz und Wels sind künftig 4%, in Steyr 5% erforderlich. In den sonstigen Gemeinden sind bei bis zu 1.000 Stimmberechtigten 18% erforderlich, aber maximal 150 Unterstützungen; von 1.001 bis 10.000 Stimmberechtigten sind 15% erforderlich, aber maximal 900 Unterschriften; bei über 10.000 Stimmberechtigten sind 9% erforderlich, aber maximal 1.400 Unterschriften.
Durchbruch für Verfassungsautonomie der Bundesländer im Bereich Direkter Demokratie?
Bis 2001 gab es in Oö. die Möglichkeit einer Veto-Volksabstimmung (über beschlossene Gesetze des Landtags) und einer Initiativ-Volksabstimmung (über Initiativen aus der Bevölkerung, die vom Landtag nicht umgesetzt wurden), die aber freilich nie genutzt wurden. Beides wurde aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die „Vorarlberger Volksgesetzgebung“ abgeschafft. Kein Bundesland hat bis heute offiziell gegen diese Einschränkung ihrer Verfassungsautonomie protestiert.
Die oö. Landtagsparteien greifen unsere Anregung für eine Resolution auf. Oö. ist damit das erste Bundesland, das im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger für eine Verfassungsautonomie im Bereich Direkter Demokratie eintritt. Wir erwarten, dass bald auch andere Bundesländer dem oö. Beispiel folgen.
OÖ. hebt sich von den Bundesländern Wien, Stmk. und Bgld., die ebenfalls 2015 wählen, ab
Das Direkt-Demokratie-Paket, das die oö. Landtagsparteien im Jänner 2015 geschnürt hatten, wurde im Zuge der Bürgerinnen- und Bürgerbegutachtung und der Ausschussberatungen nicht nochmals aufgeschnürt. Viele zusätzliche Verbesserungen, die wir in unserer gemeinsamen NGO-Stellungnahme von 17 Organisationen sowie unserer Expertenstellungnahme angeregt haben (faire Abstimmungsdebatte, Ausreizen der Verfassungsmöglichkeiten durch Veto-Volksabstimmungen und Gemeinde-Volksabstimmungen etc.), bleiben unberücksichtigt.
Dennoch ist hervorzuheben, dass die oö. Landtagsparteien mehr zuwege gebracht haben als andere Bundesländer. In einem Wahljahr wurde ein Direkt-Demokratie-Paket verhandelt und auch tatsächlich zu einem Abschluss gebracht. Im Vergleich dazu haben die Bundesländer Wien, Burgenland und Steiermark, die ebenfalls 2015 wählen, die laufende Legislaturperiode ungenutzt ohne jegliche direkt-demokratischen Verbesserungen verstreichen lassen.
Diese oö. Direkt-Demokratie-Reform kann nur ein Anfang sein
Diese oö. Direkt-Demokratie-Reform bringt Verbesserungen und geht in die richtige Richtung. Es besteht aber keine Veranlassung, dass die oö. Landtagsparteien nun ihre Hände in den Schoss legen und das Thema Direkte Demokratie für sechs lange Jahre ruhen lassen.
Im bevorstehenden Wahlkampf werden wir sehr genau unter die Lupe nehmen, welche zusätzlichen Verbesserungen sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen für die kommende Legislaturperiode vornehmen.