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Democracy International

Regierungsbericht: Nebenthemen sollen Angst der Regierung vor der Bevölkerung verschleiern

Regierungsbericht: Nebenthemen sollen Angst der Regierung vor der Bevölkerung verschleiern

16.09.2015

Wer keine übersensiblen Geschmacksnerven hat, kann sich auf der Zunge zergehen lassen, wie die Regierungsparteien ihre dürftigen Empfehlungen aufgrund der Diskussionen der Enquete Kommission einleitend begründen: Sie führen dafür keine einzige Stellungnahme eines Bürgers, einer Bürgerin, eines Experten, einer Expertin, ja nicht einmal eine Stellungnahme aus dieser Enquete Kommission selber an. Die Regierungsparteien beziehen sich in der einleitenden Begründung ihrer bescheidenen Empfehlungen vielmehr ausschließlich auf Sozialpartner, Honoratioren und Repräsentanten staatlicher Behörden. Die Regierungsparteien legen damit in seltener Deutlichkeit offen, wem sie sich verpflichtet fühlen, wen sie zu vertreten gewillt sind und was daher bei dieser Enquete Kommission rauskommen durfte und was nicht. Die Mehrheit der 80% (siehe Umfragestudie "Direkte Demokratie in Österreich") wird ignoriert.

Ist die Empfehlung für verbindliche Direkte Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene wirklich ernst gemeint?

Grundsätzlich erfreulich ist die Empfehlung der Regierungsparteien, die bundesverfassungsrechtliche Bevormundung der Länder bei der Ausgestaltung Direkter Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene beenden zu wollen. Unschlüssig bleibt jedoch, warum die Regierungsparteien Direkte Demokratie auf Bundesebene blockieren, wenn sie doch dasselbe auf Landesebene als "Attraktivierung für die Bevölkerung" befürworten. Die Ernsthaftigkeit dieser Empfehlung steht allerdings in den Sternen. Die Regierungsparteien lassen nämlich völlig unerwähnt, dass diese empfohlene Stärkung direkt-demokratischer Instrumente auf Landesebene unstrittig eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt und somit eine verpflichtende Volksabstimmung erfordert (siehe VfGH-Entscheidung zur "Vorarlberger Volksgesetzgebung"). Es liegt aber völlig außerhalb der üblichen Grundsätze politischer Kommunikation, dass das außergewöhnlich wichtige und seltene Ereignis einer bevorstehenden verpflichtenden Volksabstimmung nicht als große Headline angekündigt, sondern völlig verschwiegen wird.

Nebenthemen der Beteiligung können Direkte Demokratie nicht ersetzen

Die Regierungsparteien wollen die Bevölkerung statt der überfälligen Verfassungsänderung zur Einführung "von unten" ansetzbarer Volksabstimmungen mit bloß weichen Beteiligungsmöglichkeiten abspeisen. Das ist alles wichtig und gut, aber keinesfalls ein Ersatz für Direkte Demokratie. Genauso wenig können Behübschungen des schwachen bestehenden Volksbegehrens (durch Volksbegehrens-Sitzungen mit Rederecht der Volksbegehrens-Bevollmächtigten und durch elektronische Einreichung und Unterstützung von Volksbegehren) den Ausbau des Volksbegehrens durch verpflichtend folgende Volksabstimmungen ersetzen. Vor allem stellt sich aber die Frage, warum die Regierungsparteien Selbstverständlichkeiten, wie zB jährliche Vorhabensberichte, Abschaffung der Amtsverschwiegenheit, politische Bildung etc. nicht schon längst eingeführt haben. Umgekehrt werden diese selbstverständlichen Verbesserungen aber gerade auch dazu führen, dass das Fehlen der direkt-demokratischen Möglichkeiten noch viel schmerzhafter wahrgenommen wird.

Regierung sieht kein Problem, den Kapitän der einen Fußballmannschaft gleichzeitig als Schiedsrichter pfeifen zu lassen

Die Regierungsparteien freunden sich nun mit einer Abstimmungsbroschüre an, in der die Pro- und Contra-Argumente gegenübergestellt sind. Allerdings will sich die Bundesregierung (als häufige Konfliktseite der Abstimmungsdebatten) die Redaktionshoheit und Letztentscheidung vorbehalten, ob die Pro- und Contra-Argumente der Abstimmungsbroschüre fair, ausgewogen und neutral formuliert sind. Dem liegt ein ähnliches Verständnis von sportlicher Fairness zugrunde, als würde man bei einem Fußballspiel den Kapitän der einen Mannschaft gleichzeitig als Schiedsrichter pfeifen lassen. 

70 Jahre Nachdenkpause für verfassungsrechtlich gebotene Selbstausstattung des Parlaments

Nach 70 Jahren Zweite Republik werden die Regierungsparteien endlich zulassen, dass das Parlament seinem verfassungsmäßigen Auftrag als Gesetzgeber angemessen nachkommen kann und sich endlich selber (als Gesetzgeber mit Budgethoheit!) in ausreichender Weise für seine gesetzgeberischen Aufgaben ausstatten darf. Wenn die Regierungsparteien aber für verfassungsrechtlich eigentlich Gebotenes eine 70-jährige Nachdenkpause brauchen, wie lange werden die Regierungsparteien dann für andere wichtige Zukunftsfragen brauchen?

Weitere Informationen

Der Oppositionsbericht fordert eine dreistufige Volksgesetzgebung auf Bundes- und Landesebene, ein Veto-Referendum auf Bundesebene (auf Landesebene...

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