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Offener Brief an Linzer Planungsstadtrat zu „Linzer Grüngürtel retten“

Offener Brief an Linzer Planungsstadtrat zu „Linzer Grüngürtel retten“

23.04.2024
Offener Brief an den Linzer Planungsstadtrat zu „Linzer Grüngürtel retten“
 
Nach turbulenter Ausstellungseröffnung muss die Stadt Linz der ursprünglich versprochenen Bürger*innenbeteiligung nachkommen
 
 
mehr demokratie! oö unterstützt die Bürger:inneninitiative Retten wir den Grüngürtel
 
 
 
Mittwoch, 17.04.2024, im Uni-Center der JKU:
 
Die Ausstellung zum Masterplan für Linz Nordost hätte eigentlich feierlich eröffnet werden sollen. Stattdessen musste sich Planungsstadtrat Prammer zahlreichen kritischen Stimmen stellen, die unter anderem eine stärkere Einbindung der Bevölkerung fordern. Bisher wurden keine weiteren Maßnahmen zur Bürger*innenbeteiligung angekündigt, obwohl in den Pressemitteilungen der Stadt aus 2023 eine breite Einbindung der Bevölkerung versprochen wurde. Die zivilgesellschaftliche Organisation „mehr demokratie!“ stellt nun eine offizielle Anfrage an den Planungsstadtrat der Stadt Linz, um auf das ursprüngliche Versprechen und die Notwendigkeit der Einbeziehung betroffener Bewohner*innen hinzuweisen.
 
Dass es Pläne zur Weiterentwicklung des Linzer Univiertels geben soll, ist bereits seit letztem Jahr bekannt. So veröffentlichte die Stadt Linz am 22.11.2023 eine Presseaussendung zu den geplanten Absichten der Umgestaltung des Stadtviertels. In der damaligen Aussendung war die breite Partizipation von Bürger*innen noch vordergründig. Man wollte sich an der Entwicklung des Innenstadtkonzepts und des Innovationshauptplatzes orientieren und die entsprechenden Player in die Gestaltung mit einbinden. Stadtrat Prammer sprach sich in dem Pressepapier klar für eine umfassende Form der Bürger*innenbeteiligung aus: „Ähnlich wie wir es schon beim Innenstadtkonzept erproben, setzen wir auch hier auf eine breite Beteiligung von Bürger*innen und Interessensvertreter*innen. Unterstützen wird uns wiederum das erfahrene Team des Innovationshauptplatzes. In mehreren Arbeitsschritten entwickeln wir so eine Planungsvision für den Stadtteil. Diese soll die Anforderungen aller Seiten bestmöglich miteinschließen, sodass die hohe Lebensqualität des Stadtteils erhalten und noch verbessert wird. Der Prozess wird zeitlich von Dezember 2023 bis Mai 2024 laufen”.
 
Am 8. April 2024 war im Pressepapier der Stadt zur Pressekonferenz von diesen Plänen hingegen nichts mehr zu finden. Neben drei Workshops mit Expert*innen (jedoch ohne Bürger*innen) und der soeben durchgeführten Ausstellungseröffnung zu dem erstellten Masterplan, sind aktuell keine weiteren entsprechenden Schritte vorgesehen. Im Rahmen der Ausstellung konnten zwar Fragen gestellt und auf vorgefertigten Fragebögen kritische und positive Anmerkungen eingebracht werden, in wie weit diese systematisch in die Planungen einbezogen werden ist jedoch unklar. Die zahlreichen kritischen Ausstellungsbesucher*innen ersuchten Stadtrat Prammer im Laufe des Abends mehrmalig und nachdrücklich um Beteiligungsmöglichkeiten, um ihre Anliegen und Befürchtungen einbringen zu können.
 
Bürger*innenbeteiligung gehört bereits in vielen Städten zu einem fixen Bestandteil größerer stadtplanerischer Aktivitäten. Denn mittlerweile ist weithin bekannt, dass Transparenz, Information und die ehrliche Einbeziehung von Bürger*innen für die erfolgreiche Umsetzung von Planungsprojekten grundlegend sind. Dabei werden nachhaltige Lösungen gefunden, die sowohl auf die strukturellen Bedarfe der Stadt, als auch auf die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung abzielen. Damit die Öffentlichkeit die ehrlich gemeinte Partizipation erkennt und Bürger*innen den demokratischen Institutionen gegenüber eine höhere Verbundenheit, sowie ein höheres Vertrauten entgegenbringen, müssen bei der Planung und Umsetzung von Bürger*innenbeteiligungsangebote zumindest folgende Aspekte berücksichtigt werden:
 
  • Zeitgerechte und laufend aktualisierte Information zum Planungsvorhaben
  • Offizielle Einladung aller betroffenen Bürger*innen sich an der Planung zu beteiligen
  • Workshops zur Ausarbeitung wesentlicher Aspekte gemeinsam mit Bürger*innen und Expert*innen
  • Transparenz von Anfang an, wie die Ergebnisse der Bürger*innenbeteiligung Berücksichtigung finden werden
  • Öffentlich zugänglicher Ergebnisbericht, der darstellt, welche Anliegen von den Bürger*innen eingebracht wurden inklusive fachlicher Begründung welche Aspekte warum (nicht) aufgenommen werden können.

Die zivilgesellschaftliche Organisation „mehr demokratie!“ wendet sich nun mit einer Anfrage an Stadtrat Prammer, wie er auf die Anliegen der zahlreichen Bürger*innen eingehen und aktuelle Qualitätskriterien für erfolgreich durchgeführte Beteiligungsprozesse berücksichtigen wird.

 

Medienberichte

 

Offener Brief an den Planungsstadtrat vom 23.04.2024:

Sehr geehrter Herr Stadtrat Mag. Dietmar Prammer,

vielen Dank für die erste Informationsveranstaltung für Bürger*innen bei der Ausstellungeröffnung am 17.04.2023.

Wie an diesem Abend mehrmals eingebracht wurde, ist es den Bürger*innen von Linz und insbesondere den Anrainer*innen des Stadtteils Dornach-Auhof ein sehr großes Anliegen in die Planung der Umgestaltung des Universitätsviertels mit einbezogen zu werden.

Stadtplanerische Vorhaben stehen oftmals in Kritik, da dabei natürlich viele Bedürfnisse und Anliegen aufeinanderprallen. Wenn Bürger*innen jedoch von Anfang an und in ehrlicher Absicht einbezogen werden, kann dieser Kritik begegnet werden. Es werden Lösungen gefunden, die eine nachhaltige Planung ermöglichen bzw. die Zufriedenheit und auch den Lebensstandard der Bevölkerung wesentlich erhöhen.

Laut aktuellen Standards qualitativer Bürger*innenbeteiligungsformate, sind dabei zumindest folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Zeitgerechte und laufend aktualisierte Information zum Planungsvorhaben
  • Offizielle Einladung aller betroffenen Bürger*innen sich an der Planung zu beteiligen
  • Workshops zur Ausarbeitung wesentlicher Aspekte gemeinsam mit Bürger*innen und Expert*innen
  • Transparenz von Anfang an, wie die Ergebnisse der Bürger*innenbeteiligung Berücksichtigung finden werden
  • Öffentlich zugänglicher Ergebnisbericht, der offen legt, welche Anliegen von den Bürger*innen eingebracht wurden inklusive fachlicher Begründung welche Aspekte warum (nicht) aufgenommen werden können.

Wir ersuchen Sie als „mehr demokratie! Österreich“ um Stellungnahme welche Schritte Sie setzen werden, um den Anliegen der zahlreichen Bürger*innen nachzukommen.

Linz sollte als moderne Stadt im Bereich der Stadtplanung die aktuellen Entwicklungen miteinbeziehen und Partizipation in ihren Grundsätzen verankern. Dadurch steht die Politik den Bürger*innen als ehrlicher Partner bei der Weiterentwicklung der Stadt zur Seite, was wiederum die Zufriedenheit auf allen Seiten, sowie die Qualität der Planungsergebnisse erhöht.

Sehr gerne stehen wir als NGO, die bereits über umfassende Erfahrung im Bereich Bürger*innenbeteiligung verfügt, mit unserer Expertise zur Seite.

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
mehr demokratie!

 

In seiner Antwort vom 17.05.2024 betrachtet der Planungsstadtrat die versprochene umfassende Bürger:innenbeteiligung mit der Informationsveranstaltung vom 17.04.2024 und mit der Feedback-Möglichkeit als ausreichend erfüllt:

Sehr geehrte Frau Salzbacher,

das Universitätsviertel befindet sich bereits seit den 1960er Jahren immer wieder im Fokus städtebaulicher Entwicklung. Dieser Wandel des Stadtteils hat auch damit zu tun, dass andere vergleichbare Städte bereits auf eine jahrhundertelange Entstehung ihrer Universitäten und der dafür benötigten Bereiche zurückblicken können, welche sich in Linz in wesentlich geringerer Zeit vollzogen hat und weiter vollzieht. In diesem Sinne sehen wir als junge Universitätsstadt die Weiterentwicklung unseres Bildungs- und Forschungsstandorts als äußerst positiv.

Zusätzlich zu den Ausbauplänen der JKU fiel vor einiger Zeit seitens ÖVP, FPÖ und Grünen in Bund und Land der Entschluss, an diesem Standort auch die künftige „IT:U” errichten zu wollen. Da sich Linz als Vorreiter bei Innovation und Digitalisierung versteht, unterstützen wir diese Absicht grundsätzlich. Viele erfolgreiche IT-Unternehmen haben in unserer Stadt ihre Heimat, wichtige wissenschaftliche Pionierschritte nahmen von hier ihren Ausgang, und zudem ist Digitales mit der Ars Electronica fest in der lokalen Kultur verankert. Das alles kann eine Digitaluniversität noch weiter fördern und bietet Linz auch als Wirtschafts- und Innovationsstandort enorme Chancen, um den allgemeinen Wohlstand und die Lebensqualität zu erhalten.

Wir sahen es aber als notwendig an, der gesamten Entwicklung einen Rahmen zu geben, um die unterschiedlichen Interessen im Viertel zu berücksichtigen - darunter wesentlich auch jener Menschen, die im Stadtteil wohnen. Aus diesem Grund erarbeitet die Stadt gerade mit externen Expert*innen gemeinsam einen Masterplan, der die hohe Lebensqualität bei möglichen Projekten in der Zukunft sichern soll. Ein wesentlicher Fokus liegt neben den Bereichen Bildung/Forschung und Arbeitswelten auch auf der Gestaltung des Grünraums. Neben unserer Stadtplanung sind die Bereiche Stadtklimatologie und Umwelt, Hochwasserschutz sowie Stadtgrün in die Erstellung dieses Masterplans involviert. Medial bisher kolportierte „Entwicklungsziele” sind einem laufenden Prozess entnommen, der erst noch finalisiert werden muss. Dabei wird unter anderem auch noch das Feedback der Bürger*innen berücksichtigt, wie wir es infolge der Informationsveranstaltung am 17. und 18. April entgegennehmen durften.

Freundliche Grüße
Stadtrat Dietmar Prammer

 
Presseaussendung zur Reaktion des Planungsstadtrats:
 

Massenabfertigung durch Stadtrat Prammer - respektlose Geste gegenüber allen besorgten Linzer:innen

Zahlreiche Bürger:innen und Initiativen nahmen sich die letzten Wochen Zeit, um ihre Fragen und Sorgen zur Verbauung des Grüngürtels in Form von umfassend argumentierten Schreiben an Herrn Stadtrat Prammer weiterzuleiten. Als Antwort erhielten diese ein Massenmail aus dem Büro des Stadtrats. Das Versprechen einer breiten Partizipation scheint also niemals ernst gewesen zu sein.

Die letzten Wochen waren geprägt von zahlreichen Bürgeranfragen und dem Anliegen, dass die Pläne zur Umwidmung des Grüngürtels rund um den Campus der Johannes Kepler Universität noch einmal überdacht bzw. gemeinsam mit den Bürger:innen erarbeitet werden sollen. In einem offenen Brief an Stadtrat Prammer wies die Initiative „mehr demokratie!“ nochmals auf die ursprünglichen, von der Stadt selbst angekündigten, Pläne zur breiten Partizipation hin. Die Antwort zeigt  nun klar, dass die Stadt Linz die Anliegen der Bürger:innen nicht ernst nimmt:

  • Die breite Beteiligung in Form des „Innovationshauptplatzes“, wie sie im November 2023 von Prammer selbst angekündigt wurde, wird auch nicht in annähernder Weise umgesetzt

  • Als einzige Form der Partizipation gilt eine „Ausstellung“ mit vorgefertigten Fragebögen

  • Die Einladung zu dieser einzigen Veranstaltung erging, wie sich nun zeigte, nur an ein paar wenige, ausgewählte Anrainer:innen!

  • Die unzähligen Anfragen, die bei dieser Veranstaltung und über die letzten Wochen hinweg geäußert wurden, werden nicht ernst genommen, da es kein irgendwie geartetes Zugehen auf die Bürger:innen gibt

  • Anfragen werden nicht gelesen und mit einem Massenmail beantwortet (alle Anfragensteller haben Ende letzter Woche eine Antwort mit dem gleichen Wortlaut erhalten), die genaue Fragen und Anliegen bleiben also ohne Antwort

Bürger:innen und Initiativen nahmen sich die letzten Wochen Zeit, um ihr Anliegen in freundlichen und umfassend argumentierten Schreiben an das Büro des Stadtrats weiterzuleiten und versendeten diese meist zum Teil gemeinsam mit dem zur Verfügung gestellten Fragebogen. Wie der Vergleich der Antwort aus dem Büro des Stadtrats nun zeigt, wurde auf die unterschiedlichsten Anliegen mit einem identischen Massenmail reagiert. Die Antwort besitzt dementsprechend keine Aussagekraft und ist eine unglaublich respektlose Geste gegenüber den Menschen, die sich auf Grund der aktuellen städtischen Pläne zur Auflösung des Grüngürtels im Bereich der Johannes Kepler Universität Sorgen machen. Dass in dem Massenschreiben des Stadtrats schließlich allein auf den Fragebogen eingegangen wird, ist ein Schlag in das Gesicht für alle Menschen, die eben diesen ausgefüllt übermittelt haben.

Die Linzer Politik kommt ihrer großen Verantwortung grundsätzlich nicht nach, kritische stadtplanerische Vorhaben rechtzeitig zu präsentieren und diese gemeinsam mit den Bürger:innen zu bearbeiten. Und selbst auf unzählige Anfragen und Berichte wird bisher nicht reagiert. Die Stadt Linz verletzt damit das Vertrauen der Menschen in die Politik, die staatlichen Institutionen und die Demokratie.

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