Inhaltsverzeichnis
1. Grundsätzliche Anmerkungen zum Direkt-Demokratie-Vorschlag des „Demokratiepakets“
2. Konkrete Anmerkungen zu Artikel 3 über den Entwurf eines Volksbegehrensgesetzes 2013
2.1 Richtig: Ein Online-Sammel-System für Volksbegehren soll staatliche Infrastruktur sein
2.2 Die Online-Sammel-Software soll einen Kampagnen-tauglichen elektronischen oder postalischen Kontakt mit den Unterstützer_innen ermöglichen und zulassen
2.3 Eine elektronische Unterstützung mit der Bürger_innenkarte schließt viele Stimmberechtigte aus
2.4 Der Nationalrat soll sich mit dem Volksbegehren bereits nach dem Einleitungsverfahren beschäftigen
2.5 Bürger_innen sollen nicht durch finanzielle Barrieren von demokratischem Engagement abgehalten werden. Legislative Arbeit von Bürger_innen darf hinsichtlich der öffentlich bereitgestellten Ressourcen nicht schlechter behandelt werden wie legislative Arbeit von Parlament und Regierung
2.6 Keine Alleinentscheidungen durch das Innenministerium als politischer Gegenspieler von Volksbegehren
2.7 Keine "Denksport-Formulierungen", insb. wenn es um Bürger_innenrechte geht
2.8 Volksbegehren sollen auch über Verordnungen der Regierung möglich sein
2.9 Zu eng formulierte Verfassungsvorgabe für elektronische Unterstützungserklärungen
2.10 Ein Unterstützungszeitraum von 8 Tagen ist viel zu kurz und benachteiligt kleinere Initiativen
2.11 Volksbegehrens-Sitzungen sollen während der Hauptsendezeit angesetzt sein und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk live übertragen werden
2.12 Online-Unterstützungen sollen auch wahlwerbenden Gruppen offenstehen
3. Anmerkungen zur Bürger_innenanfrage
3.1 Zu kurzer Unterstützungszeitraum von nur 7 Tagen
3.2 Keine Löschung der unbeantwortet und unerledigt gebliebenen Bürger_innenanfragen
3.3 Dialog mit Rederecht für Vertreter_innen von Bürger_innenanfragen
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die Einladung, zum Entwurf des Initiativantrags 2177/A Stellung zu nehmen. Wir gehen zunächst
(1.) grundsätzlich auf den Direkt-Demokratie-Vorschlag des „Demokratiepakets“, danach
(2.) konkret auf Artikel 3 über den Entwurf eines Volksbegehrensgesetzes 2013 sowie
(3.) auf einige Aspekte der Bürger_innenanfrage ein.
1. Grundsätzliche Anmerkungen zum Direkt-Demokratie-Vorschlag des „Demokratiepakets“
Das „Demokratiepaket“ sieht zu den direkt-demokratischen Instrumenten nur eine stärkere und verbesserte Behandlungen von Volksbegehren vor. Das „Demokratiepaket“ ändert aber nichts daran, dass ein Volksbegehren vom Parlament weiterhin auch nicht umgesetzt werden kann, obwohl es einem Mehrheitswillen der Bevölkerung entspricht. Umgekehrt bleibt es weiterhin möglich, dass das Parlament ein Volksbegehren umsetzt, obwohl es nicht dem Mehrheitswillen der Bevölkerung entspricht. In beiden Fällen wird keine repräsentative Entscheidung getroffen. mehr demokratie! will demgegenüber die Repräsentativität unseres politischen Systems erhöhen. mehr demokratie! fordert daher, dass erfolgreiche Volksbegehren zu einer verbindlichen Volksabstimmung führen und dass die Bevölkerung über Gesetze des Parlaments und über Verordnungen der Regierung eine Volksabstimmung herbeiführen kann.
Eine umfassende Umfrage von Univ.-Prof. Dr. Max Haller gemeinsam mit dem IFES-Institut hat einen breiten Konsens der Österreicher_innen für Direkte Demokratie sichtbar gemacht. Eine Mehrheit von 72% der Österreicher_innen befürwortet Volksabstimmungen, die durch die Bevölkerung ausgelöst werden können. Aus Sicht von mehr demokratie! soll das Parlament, das den Anspruch erhebt, den demokratischen Willen der Bevölkerung zu repräsentieren, dieses deutliche Verlangen der Bevölkerung für eine grundlegende Reform der direkt-demokratischen Instrumente nicht ignorieren.
In der Geschichte der Demokratie in Österreich durfte die Bevölkerung, der Souverän, noch nie, weder 1918 noch 1945, entscheiden, ob es dem Souverän ausreicht, Vertreter_innen in den Nationalrat zu wählen, oder aber ob der Souverän zusätzlich auch selber mithilfe direkt-demokratischer Instrumente Volksabstimmungen herbeiführen können soll. mehr demokratie! hält es nach beinahe 100 Jahren Bundes-Verfassungsgesetz für hoch an der Zeit, diesen grundsätzlichen Mangel unserer Demokratiegeschichte zu beheben.
mehr demokratie! tritt daher dafür ein, dass ein nach Zufallsprinzip bzw. repräsentativ zusammengesetzter „Bürger_innenrat“ einen Demokratievorschlag erarbeiten soll und dass anschließend die Bevölkerung in einer Volksabstimmung entscheiden soll, ob der Direkt-Demokratie-Vorschlag dieses Bürger_innenrats oder der Direkt-Demokratie-Vorschlag des „Demokratiepakets“ der Regierungsparteien in Kraft treten soll oder aber ob alles beim Alten bleiben soll.
mehr demokratie!-Beiratsmitglied Dr.in Martina Handler hat ein Konzept erstellt, wie der Prozess der Erarbeitung eines Direkt-Demokratie-Vorschlags mithilfe bewährter Partizipationsmethoden ablaufen soll (siehe pdf-Datei unten). Wir fordern alle Abgeordneten auf, diesen Vorschlag zu unterstützen und dafür die finanziellen und sonstigen Ressourcen aus öffentlichen Mitteln bereitzustellen. Weiters fordern wir alle Abgeordneten auf, durch Verfassungsbestimmungen bereits vorab abzusichern, dass das Ergebnis dieses Bürger_innenrats einer Volksabstimmung unterzogen wird und als Alternativvorschlag gegen den Direkt-Demokratie-Vorschlag dieses „Demokratiepakets“ antreten darf.
2. Konkrete Anmerkungen zu Artikel 3 über den Entwurf eines Volksbegehrensgesetzes 2013
Der Entwurf der durchgehenden Neufassung des Volksbegehrensverfahrens schreibt Mängel des bestehenden Volksbegehrensgesetzes 1973 unverändert fort. Für den Entwurf eines neuen Volksbegehrensgesetzes 2013 bleiben daher unsere Kritikpunkte am bestehenden Volksbegehrensverfahren unverändert aufrecht. Die folgenden konkreten Anmerkungen schmälern nicht die Kernaussage unserer Stellungnahme. Eine Reform des Volksbegehrens ohne verbindliche, durch die Bevölkerung initiierbare Initiativ- und Veto-Volksabstimmungen wird dem demokratischen Bewusstsein der überwiegenden Mehrheit der Österreicher_innen nicht gerecht und repräsentiert den demokratischen Willen des Souveräns insofern nicht.
2.1 Richtig: Ein Online-Sammel-System für Volksbegehren soll staatliche Infrastruktur sein
mehr demokratie! begrüßt und befürwortet die Grundsatzentscheidung, ein Online-Sammel-System für elektronische Unterstützungserklärungen von Volksbegehren als staatliche Infrastruktur zu organisieren. Damit werden viele Probleme der Europäischen Bürgerinitiative („EBI“) vermieden, welche diese Aufgabe der privaten Verantwortung der EBI-Organisator_innen überbürdet.
2.2 Die Online-Sammel-Software soll einen Kampagnen-tauglichen elektronischen oder postalischen Kontakt mit den Unterstützer_innen ermöglichen und zulassen
zu: Art. 3, § 4 Abs. 2 Volksbegehrensgesetz 2013
Die EBI hatte seit ihrem Start mit 1. April 2012 erhebliche Praxisprobleme. Jene Organisator_innen, die bereits eine EBI gestartet und entsprechende Erfahrungen gesammelt haben, haben Erfordernisse definiert, die eine Online-Sammel-Software erfüllen muss, um Kampagnen-tauglich zu sein. Für jede Kampagne ist es unverzichtbar, mit den Sympathisant_innen und Unterstützer_innen in regem Kontakt und Austausch zu stehen. Ein Kampagnen-taugliches Online-Sammel-System soll daher jedenfalls vorsehen, dass die Unterstützer_innen eines Volksbegehrens zustimmen können, von den Organisator_innen des Volksbegehrens elektronisch per Email oder postalisch Informationen zu erhalten.1 Die Organisator_innen eines Volksbegehrens sollten daher nicht nur die Anzahl der Unterstützungserklärungen abfragen können, sondern auch jene Kontaktdaten abrufen können, für die die jeweilige Unterstützerin bzw. der jeweilige Unterstützer die Zustimmung abgegeben hat.
2.3 Eine elektronische Unterstützung mit der Bürger_innenkarte schließt viele Stimmberechtigte aus
zu: Art. 3, § 5 Abs. 1 Z. 1 Volksbegehrensgesetz 2013
Der Entwurf sieht vor, dass eine elektronische Unterstützungserklärung mit qualifizierter elektronischer Signatur erfolgen muss. In der Begründung wird dazu ausgeführt, dass „das System der digitalen Signatur bereits etabliert ist“ und dass daher „keine neuen Kosten“ entstehen. Dem ist entgegenzuhalten, dass zwar das System schon etabliert ist. Daraus abzuleiten, dass auch schon die Verwendung und Nutzung der digitalen Signatur und der Bürger_innenkarten durch die Bevölkerung etabliert ist, wäre ein Trugschluss. Viele Bürger_innen bleiben daher von einer Nutzung der Möglichkeit elektronischer Unterstützungserklärungen ausgeschlossen.
2.4 Der Nationalrat soll sich mit dem Volksbegehren bereits nach dem Einleitungsverfahren beschäftigen
zu: Art. 2 Z. 14-16, § 100 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
Der Entwurf behandelt zwar sowohl das Volksbegehren als auch die parlamentarische Bürger_inneninitiative, nimmt aber keinerlei Verschränkung zwischen diesen beiden Instrumenten der Bürger_innenbeteiligung vor. Parlamentarische Bürger_inneninitiativen können bereits ab 500 Unterstützungserklärungen mit ihrem Anliegen mit dem Nationalrat in Dialog treten. Mit Volksbegehren beschäftigt sich der Nationalrat demgegenüber erst und nur, wenn für das Volksbegehren im Eintragungsverfahren (Qualifizierungsstufe) mindestens 100.000 Unterstützungserklärungen gesammelt worden sind. Aus unserer Sicht sollte sich der Nationalrat aber auch schon nach dem Einleitungsverfahren (Initiierungsstufe) mit Volksbegehren inhaltlich auseinandersetzen und in einen Dialog treten.
2.5 Bürger_innen sollen nicht durch finanzielle Barrieren von demokratischem Engagement abgehalten werden. Legislative Arbeit von Bürger_innen darf hinsichtlich der öffentlich bereitgestellten Ressourcen nicht schlechter behandelt werden wie legislative Arbeit von Parlament und Regierung
zu: Art 3, § 3 Abs. 3 Z. 5, § 9 Abs. 2 und § 17 Abs. 2 Volksbegehrensgesetz 2013
Wir möchten besonders betonen, dass finanzielle Barrieren für Initiator_innen (Gebühr von € 500,- bei Anmeldung eines Volksbegehrens; Druckkostenbeitrag von € 2.250,- für das Eintragungsverfahren) im Hinblick auf Best Practices international unüblich sind und auch auf EU-Ebene bei der EBI nicht vorgesehen sind. Diese finanziellen Barrieren für Volksbegehren sollen daher gestrichen werden. Umgekehrt steht ein Kostenersatz von nur € 11.250,- in keiner Relation zu den tatsächlich für eine Volksbegehrens-Kampagne auflaufenden Kosten und sollte daher massiv erhöht werden.
Aus Sicht von mehr demokratie! sollte legislative Arbeit finanziell und Ressourcen-mäßig gleichbehandelt werden, egal ob die legislative Arbeit nun durch die Regierung, durch das Parlament oder durch die Bevölkerung erbracht wird. Statt der bisherigen Perspektive einer bloßen Parteienfinanzierung sollte daher der Blick auf eine Demokratiefinanzierung erweitert werden, wonach auch der Bevölkerung dieselben Ressourcen bereitzustellen sind, die Parlament und Regierung für ihre eigene legislative Arbeit in Anspruch nehmen. Dieses Prinzip sollte auch bereits für den „Bürger_innenrat“ gelten, den wir bei unseren grundsätzlichen Anmerkungen (siehe oben 1.) vorgeschlagen haben.
2.6 Keine Alleinentscheidungen durch das Innenministerium als politischer Gegenspieler von Volksbegehren
zu: Art. 3 § 6 Volksbegehrensgesetz 2013 „Entscheidung über den Einleitungsantrag“
Die Entscheidung von Verfahrensfragen eines Volksbegehrens, insb. die Festlegung des Unterstützungszeitraums (bisher „Eintragungswoche“), durch das Innenministerium hat sich nicht bewährt. Die Spitzenposition des Innenministeriums ist politisch mit einem Regierungsmitglied besetzt und stellt somit potenziell einen politischen Gegenspieler zum Anliegens des Volksbegehrens dar. So wurden in der Vergangenheit Eintragungswochen von Volksbegehren in eine Sommerurlaubswoche gelegt, wo sich besonders wenige Stimmberechtigte in ihrer Hauptwohnsitzgemeinde befanden, oder wurden so spät angesetzt, dass inzwischen bereits politische Fakten zum Thema des Anliegens geschaffen worden sind. Anstelle des Innenministeriums sollte daher eine Kommission über alle Verfahrensfragen eines Volksbegehrens entscheiden. In dieser Kommission sollen u.a. auch Bevollmächtigte des Volksbegehrens mit Stimmrecht vertreten sein.
2.7 Keine "Denksport-Formulierungen", insb. wenn es um Bürger_innenrechte geht
zu: Art. 3, § 3 Abs. 2 Satz 2 Volksbegehrensgesetz 2013: „Die hierzu erforderlichen Unterstützungserklärungen sind nur gültig, wenn sie nicht vor dem 1. Jänner des der Antragstellung vorangegangenen Jahres abgegeben worden sind.“ sowie § 4 Abs. 4 Volksbegehrensgesetz 2013
Gesetze sollten, auch aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofs, so verständlich formuliert sein, dass sie keiner Denksportaufgabe gleichen. Dies gilt aus unserer Sicht umso mehr für Regelungen über Bürger_innenrechte. § 3 Abs. 2 Satz 2 Volksbegehrensgesetz 2013 wird dem nicht gerecht. Diese Frist lässt sich verständlicher formulieren und zugleich auch sachgerechter regeln. Angesichts der Online-Erfassung aller Unterstützungserklärungen ist es nicht länger gerechtfertigt, den Volksbegehren unterschiedlich viel Zeit zum Unterschriftensammeln zuzugestehen je nachdem, in welchem Monat sie mit dem Unterschriftensammeln beginnen. mehr demokratie! schlägt zu dieser Frist vor, dass Unterstützungserklärungen im Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als 18 Monate sein sollen.
2.8 Volksbegehren sollen auch über Verordnungen der Regierung möglich sein
zu: Art. 1 Z.5, Art. 41 Abs. 2 Bundesverfassungsgesetz und Art. 3, § 3 Abs. 1 Satz 2 Volksbegehrensgesetz 2013 „Das Volksbegehren muss eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen ...“
In der Volksbegehrens-Sitzung soll ein Regierungsmitglied, also die höchste Vertretung der Verwaltung, zum Anliegen des Volksbegehrens Stellung beziehen (Art. 2, § 24 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates). In der Logik des bestehenden Volksbegehrens wenden sich Volksbegehren aber an den Gesetzgeber, ein Regierungsmitglied als Adressat eines Volksbegehrens ist insofern systemfremd und kann nur dem Umstand der Realverfassung geschuldet sein, dass der überwiegende Teil der Gesetzesentwürfe in Form einer „Regierungsgesetzgebung“ erfolgt. Die vorgesehene Stellungnahme eines Regierungsmitglieds zum Volksbegehren sollte nun aber zum Anlass genommen werden, von der Beschränkung des Volksbegehrens auf die Gesetzgebung abzugehen und den möglichen Inhalt von Volksbegehren auch auf Verordnungen der Verwaltung auszudehnen.
2.9 Zu eng formulierte Verfassungsvorgabe für elektronische Unterstützungserklärungen
zu: Art 1 Z.5, Art. 41 Abs. 2 letzter Satz Bundes-Verfassungsgesetz „Bundesgesetzlich kann eine elektronische Unterstützung eines Volksbegehrens durch die Stimmberechtigten vorgesehen werden, wobei zu gewährleisten ist, dass sie nur persönlich und nur einmal erfolgt.“
Bei einer elektronischen Unterstützungserklärung kann nicht mit absoluter Sicherheit gewährleistet werden, dass sie persönlich erfolgt. Sofern nicht alle elektronischen Unterstützungserklärungen ausschließlich vor Beamten, Notaren oder Gerichtspersonen erfolgen, ist eine persönliche Erklärungsabgabe nicht sichergestellt und kann unmöglich ausgeschlossen werden, dass zB eine stimmberechtigte Person, die nicht mit dem Internet versiert ist, einer anderen Person ihre Bürgerkarte und ihr Handy anvertraut und sie ersucht, für sie die elektronische Unterstützungserklärung abzugeben. Eine solche elektronische Unterstützungserklärung erfolgt dann aber nicht persönlich. Die einfach-gesetzlichen Regelungen über die elektronische Unterstützungserklärung würden angesichts solcher faktischer Möglichkeiten nicht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer garantierten persönlichen Abgabe der Unterstützungserklärung entsprechen und wären daher verfassungswidrig.
2.10 Ein Unterstützungszeitraum von 8 Tagen ist viel zu kurz und benachteiligt kleinere Initiativen
zu: Art. 3, § 6 Abs. 3 Volksbegehrensgesetz 2013
Eine kurzer Unterstützungszeitraum erfordert eine enorme Anstrengung, um während dieser wenigen Tage möglichst viele der Sympathisant_innen zu erreichen und zu mobilisieren. Ein kurzer Unterstützungszeitraum orientiert sich an Großorganisationen, Parteien und Verbänden, die ohnehin über einen guten Zugang zu Entscheidungsträger_innen in Parlament und Regierung verfügen. Initiativen hingegen, die über keine Österreich-weite Organisation, über keine eigene Presseabteilung und über eingeschränkte finanzielle Ressourcen verfügen, ist es in einem derart kurzen Zeitraum verwehrt, ihren potenziellen Unterstützer_innenkreis erfolgreich auszuschöpfen. Diese kurze Frist diskriminiert daher Bürger_innen, die im Rahmen kleinerer Initiativen ihre demokratischen Rechte wahrnehmen wollen.
Generell sollte der Unterstützungszeitraum auf 18 Monate ausgedehnt werden. Dies hätte eine enorme Verwaltungskosteneinsparung zur Folge, weil die speziellen Öffnungszeiten für sämtliche Gemeinden wegfielen, und würde außerdem gerade auch kleineren Initiativen faire Chancen eröffnen, während dieser langen Frist die erforderliche Anzahl an Unterstützungserklärungen zu erreichen.
2.11 Volksbegehrens-Sitzungen sollen während der Hauptsendezeit angesetzt sein und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk live übertragen werden
zu: Art. 2 Z. 4, § 24 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
Der überwiegende Teil der berufstätigen Bevölkerung hat während der üblichen Plenarsitzungszeiten des Nationalrats keine Möglichkeit, die Debatte live mitzuverfolgen. Gerade der Termin einer Plenardebatte über ein Volksbegehren sollte sich aber am üblichen Tagesablauf der Mehrheit der Bevölkerung orientieren. Volksbegehrens-Sitzungen sollten daher in den Abendstunden während der Hauptsendezeit angesetzt werden und live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen werden.
2.12 Online-Unterstützungen sollen auch wahlwerbenden Gruppen offenstehen
zu: Art. 5, Nationalrats-Wahlordnung
Im Initiativantrag 2177/A ist in Art. 5 auch eine Novellierung der Nationalrats-Wahlordnung enthalten. Die Möglichkeiten einer elektronischen Unterstützungserklärung sollen dort auch auf wahlwerbende Gruppen ausgedehnt werden.
3. Anmerkungen zur Bürger_innenanfrage
3.1 Zu kurzer Unterstützungszeitraum von nur 7 Tagen
zu: Art. 2 Z. 13, § 96b Abs. 4 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
Was oben unter 2.10 zur Dauer des Unterstützungszeitraums von Volksbegehren kritisiert wurde, gilt auch für Bürger_innenanfragen. Die 7-Tage-Frist sollte angemessen verlängert werden.
3.2 Keine Löschung der unbeantwortet und unerledigt gebliebenen Bürger_innenanfragen
zu: Art. 2 Z.13, § 96b Abs. 10 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrats
Angesichts der dauerhaften Dokumentierung des gesamten parlamentarischen Geschehens erscheint es als wenig wertschätzend gegenüber Anliegen von Bürger_innen, wenn Bürger_innenanfragen, die nicht 10.000 Unterstützungen erreichen, bereits zwei Wochen nach der Bürger_innen-Fragestunde, in der diese Anfrage nicht beantwortet wurde, wieder von der Website des Parlaments gelöscht werden müssen, obwohl auch keine andere Form einer weiteren Befassung dieser unbeantwortet gebliebenen Bürger_innenanfragen vorgesehen ist.
3.3 Dialog mit Rederecht für Vertreter_innen von Bürger_innenanfragen
zu: Art. 2 Z 13, § 96c Abs. 2 Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
Zu einem Dialog von Repräsentant_innen mit Bürger_innen sollte gehören, dass die fragestellenden Bürger_innen auch selber zu Wort kommen und reagieren dürfen. Noch vor den Parlamentsklubs sollte es daher zuallererst einem Vertreter oder einer Vertreterin der Bürger_innenanfrage offenstehen, das Wort zu ergreifen, ob die Frage ausreichend beantwortet erscheint, und eine Zusatzfrage stellen dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
mehr demokratie!
die parteiunabhängige initiative für eine stärkung direkter demokratie
Mag. Erwin MayerMag. Erwin Leitner
BundesvorstandssprecherBundesvorstandsvorsitzender