Rückblick
Es war ein jahrelanges, zähes Ringen um echte BürgerInnen-Mitbestimmung in der Stadt Salzburg:
- Bereits vor sieben Jahren, am 10. Februar 2006 wurde von der Initiativen-Plattform Aktion Grünland das erste „Salzburger Maifest zur Demokratie“ mit der zentralen Forderung nach verpflichtender Bürgermitbestimmung in einer Pressekonferenz öffentlich vorgestellt.
- Am 9. Juni 2006 unterschrieben Bürgermeister Dr. Heinz Schaden und die Salzburger Bürgerinitiativen-Ikone Richard Hörl als Initiativen-Vertreter das Arbeitsübereinkommen zu den Verhandlungen um die Grünland-Deklaration. Einer der wichtigsten Punkte und ein besonderes Anliegen von Richard Hörl - Zitat: „Ein zweites wesentliches Anliegen der Initiativen ist die Bürgermitbestimmung (Direkte Demokratie)“
- In der Sondersitzung des Gemeinderates zur Grünland-Deklaration vom 21.11.2007 überreichte die „Aktion Grünland Salzburg“ Herrn Bürgermeister Dr. Schaden und den Gemeinderatsklubs einen ersten Entwurf für moderne Bürgermitbestimmung in der Stadt Salzburg.
- Am 29. 4. 2009 wird das Parteienübereinkommen für die Amtsperiode des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg 2009-2014 von Bürgermeister Dr. Schaden, VBgm. DI Preuner und Stadtrat Padutsch unterzeichnet. Darin steht: „Die sinkende Wahlbeteiligung soll zum Anlass genommen werden, das Interesse an der Politik wieder zu stärken. Der im Rahmen der Reform der Deklaration ‚Geschütztes Grünland’ eingeleitete Prozess zur Einführung zusätzlicher Instrumente der direkten Demokratie soll fortgeführt werden“.
- 2009 / 2010 bildet sich unter Führung von Richard Hörl ein Proponentenkomitee. Das SALZBURGER MODELL : FÜR MEHR DIREKTE DEMOKRATIE wird detailliert ausgearbeitet.
- Am 4. 5. 2010 berichtet der Magistratsjurist DDr. Karl Atzmüller dem Stadtsenat über „Instrumente direkter Demokratie – Rechtliche Grundlagen, dzt. Gesetzesstand“.
- Im September 2010 wird in einem nochmaligen Anlauf das SALZBURGER MODELL : FÜR MEHR DIREKTE DEMOKRATIE den Fraktionen des Gemeinderates präsentiert.
- Im Frühjahr 2011 beginnen die offiziellen Verhandlungen mit der Stadt, die Ende Jänner 2013 abgeschlossen wurden.
Das Ergebnis
Das vorliegende Papier ist ein Kompromiss zwischen den Positionen der Initiativen und den Parteien-/Politikerinteressen. Die Annäherung von Politik und Bürgerinitiativen gelang in zähem Ringen und erforderte mehr Zeit als ursprünglich angenommen. Wir meinen, das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Das Salzburger Modell ist ein erster, grundlegender Schritt in Richtung einer für die Politik verbindlichen BürgerInnen-Mitbestimmung. Das ist einzigartig in Österreich. Unter Federführung von Bürgermeister Dr. Schaden ist die Stadt Salzburg österreichiche Vorreiterin in Sachen echter Direkter Demokratie. Das heißt, den Bürgerinnen und Bürgern wird erstmals zu realistischen Bedingungen die Mitentscheidung ermöglicht. Das Salzburger Modell ist damit nicht totes Recht!
Es wird die Zukunft zeigen, ob die neuen Regelungen tauglich sind oder allenfalls später nachjustiert werden müssen.
Das Verhandlungsteam und ProponentInnen, die zum Teil jahrzehntelang in Bürgerinitiativen tätig waren, haben sich um die Verwirklichung des Modells bemüht. (Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass Salzburg auf eine lange Tradition von erfolgreichen Bürgerinitiativen beispielsweise zur Erhaltung der Stadtlandschaften, gegen Atomgefahren im In- und Ausland, für eine grüne Salzach, für die Errichtung von Radwegen usw. zurückblicken kann.)
Kompetente juristische Beratung für das Salzburger Modell erfolgte unter anderem durch den inzwischen pensionierten Magistratsjuristen DDr. Karl Atzmüller; ein Gutachten des Grazer Univ. Prof. Dr. Klaus Poier sorgte für weitere verfassungsrechtliche Klarheit. Und juristische und fachliche Unterstützung kam schließlich auch durch Mag. Erwin Leitner von der Initiative mehr demokratie! in Wien.
Die Eckpunkte des Salzburger Modells
Das bisher im Stadtrecht verankerte und höchst mangelhafte bzw. unnötige Instrument der Bürgerbefragung (mit dem jüngst in der Frage Wehrpflicht/Berufsheer auf Bundesebene Schindluder getrieben wurde), wird künftig aus dem Stadtrecht gestrichen.
Die 3 verbesserten bzw. neuen Instrumente heißen:
Initiativantrag, Bürgerbegehren, Volksentscheid
Dabei wird auf Konsensfindung und Verhandlungen auf Augenhöhe gesetzt.
Für die drei Möglichkeiten der Mitgestaltung bzw. Mitbestimmung werden künftig unterschiedliche Zahlen von Unterstützungserklärungen benötigt und zwar im Ausmaß von 1, 2, 3 bzw. 5 „Mandaten“. Ein Mandat bedeutet dabei so viele Stimmen, wie bei der jeweils letzten Gemeinderatswahl zur Erringung eines Gemeinderatssitzes erforderlich waren (= abgegebene gültige Stimmen dividiert durch 40). Derzeit sind das ca. 1550 Stimmen für ein Mandat.
BürgerInnen werden ernst genommen
Bei allen drei Mitbestimmungs-Möglichkeiten ist sicher gestellt, dass die Anliegen der BürgerInnen nicht mehr ungehört schubladiert werden können: in allen Gremien haben sie Rederecht, Bürgerversammlungen durch die Stadt sind obligat.
Beim Bürgerbegehren löst die Einreichung von 2000 Unterstützungserklärungen eine Sperrwirkung für anstehende Beschlüsse aus.
Der Volksentscheid ist ab einer Wahlbeteiligung von 10 % der Wahlberechtigten verbindlich.
Ausnahme: der Beharrungsbeschluss
Bis zu einer Wahlbeteiligung von 25% kann der Gemeinderat mit ¾-Mehrheit einen sog. „Beharrungsbeschluss“ fassen. Darüber hinaus nur dann, wenn das Anliegen mehr als 50% des durchschnittlichen außerordentlichen Budgets der Landeshauptstadt in Anspruch nehmen würde und damit die finanziellen Möglichkeiten der Stadt überschritten wären.
Beim "Beharrungsbeschluss" gilt die gleiche Regelung wie bei der Grünland-Deklaration (also Anwesenheit von ¾ der Gemeinderäte und ¾-Zustimmung).
Akteneinsicht
Hinsichtlich Akteneinsicht erhalten die Antragsteller (unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen) quasi die gleichen Rechte wie die GemeinderätInnen.
Kommunikation wird unterstützt
Bezüglich Plakatierung wird den Bürgerinitiativen eine Gleichstellung mit den pauschalen Regelungen, wie sie für die Parteien vor Wahlen gelten, zugestanden.
Neu ist auch die finanzielle Unterstützung durch die Stadt – gestaffelt vom Initiativantrag bis zum Volksentscheid (nur gegen entsprechende Nachweise und mit späterer Überprüfung durch das Kontrollamt).
Objektive amtliche BürgerInnen-Information verpflichtend
Bei Volksentscheiden wird es verpflichtend eine amtliche Bürgerinformation (Abstimmungsheft / Brief des Bürgermeisters) geben mit ausgewogener Darstellung der Positionen der Politik und der Bürgerinitiativen im Verhältnis 1 : 1.
Keine Abstimmungen über Minderheiten- oder Menschenrechte
Die direkt demokratischen Instrumente Initiativantrag, Bürgerbegehren und Volksentscheid beziehen sich auf die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Abstimmungen über Landes- bzw. Bundesrecht oder gar über Menschenrechte sind daher von vorneherein unzulässig.
Das Verhandlungsteam von mehr demokratie! salzburg
Hannes Augustin, Wilfried Rogler, Heinz Stockinger
Rückfragen:
Dr. Hannes Augustin, Tel. +43 (0)660 1539061