A. Problem
Die im Grundgesetz verankerte parlamentarisch-repräsentative Demokratie hat sich in der Bundesrepublik Deutschland über mehr als sechs Jahrzehnte bewährt. Doch auch der Wunsch nach stärkerer Beteiligung wächst in der Bevölkerung. Anders als in Ländern und Kommunen, in der EU und in vielen befreundeten Nationen kennt unsere Verfassung außer zur Neugliederung des Bundesgebietes und zur Ablösung des Grundgesetzes (Art. 29 und 146) keine Volksabstimmung. Dies wird weithin als Lücke empfunden. Die Bundesrepublik Deutschland braucht deshalb heute auch auf Bundesebene eine bürgerfreundliche Regelung für die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheiden und Referenden.
B. Lösung
Das Grundgesetz wird ergänzt bzw. geändert um die Einführung der unmittelbaren Bürgerbeteiligung durch Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum auch auf Bundesebene.
C. Alternativen
Beibehaltung der bisherigen Verfassungslage.
D. Kosten
Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheide und Referenden führen zu Durchführungskosten beim Bund, vor allem aber bei den Ländern und Gemeinden, die der Bund zu erstatten hat. Hierzu gehören u. a. Kosten der Prüfung der Stimmberechtigung, von öffentlichen Bekanntmachungen, Druckkosten, Kosten für die Versendung von Abstimmungsbenachrichtigungen, Kosten der Feststellung von Abstimmungsergebnissen und die Kosten für die Abstimmungskämpfe. Die Höhe der entstehenden Kosten ist vor allem davon abhängig, in welchem Umfang die neuen Beteiligungsrechte genutzt werden.
Die bisherigen in- und ausländischen Erfahrungen bei Volksentscheiden zeigen, dass sich die daraus entstehenden „Demokratiekosten“ in einem überschaubaren Rahmen halten.
Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes um Volksinitiative,
Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum
Vom …
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel
79 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes
(Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum)
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom … (BGBl. I …, S. …), wird wie folgt geändert:
1. In Artikel 76 Absatz 1 wird nach den Wörtern „des Bundestages“ das Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt; nach den Wörtern „den Bundesrat“ werden die Wörter „oder durch Volksinitiative oder Volksbegehren“ eingefügt.
2. a) In Artikel 77 Absatz 1 Satz 1 wird nach den Wörtern „vom Bundestage“ der Passus „oder vom Volke durch Volksentscheid“ eingefügt.
b) In Artikel 77 Absatz 1 Satz 2 wird das Wort „Sie“ durch die Wörter „Vom Bundestag beschlossene Gesetze“ ersetzt.
3. Der bisherige Artikel 78 wird Artikel 77 Absatz 5. Die Angaben „Artikel 77“ und „Artikels 77 Absatz“ werden gestrichen. Nach den Wörtern „der Frist des“ wird das Wort „Absatzes“ eingefügt.
4. Es wird folgender Artikel 78 eingefügt:
„Artikel 78
[Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid, Referendum]
(1) Das Volk übt seine Staatsgewalt auch durch Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum (Abstimmungen) aus. Die Wahlrechtsgrundsätze (Artikel 38 Absatz 1 Satz 1) gelten entsprechend. Abstimmungsberechtigt ist, wer wahlberechtigt ist (Artikel 38 Absatz 2).
(2) 100 000 Abstimmungsberechtigte haben das Recht, den Bundestag im Rahmen seiner Zuständigkeit mit einer Gesetzesvorlage oder einem anderen bestimmten Gegenstand der politischen Willensbildung zu befassen (Volksinitiative). Der Haushaltsplan des Bundes in seiner Gesamtheit, öffentliche Abgaben, die Dienst- und Versorgungsbezüge sowie die Besetzung eines Amtes mit einer konkreten Person können nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein.
(3) Kommt innerhalb von sechs Monaten das vorgeschlagene Bundesgesetz nicht zustande oder fasst der Bundestag keinen der anderen Vorlage entsprechenden Beschluss, so findet auf Antrag der Vertrauenspersonen ein Volksbegehren statt. Es kommt zustande, wenn innerhalb von weiteren sechs Monaten mindestens eine Million Abstimmungsberechtigte unterzeichnen.
(4) Entspricht der Bundestag dem Volksbegehren innerhalb von sechs Monaten nicht, so findet innerhalb von weiteren sechs Monaten der Volksentscheid statt. Es entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das Bundesgesetz oder die andere Vorlage kommt nur zustande, wenn mindestens ein Viertel der Abstimmungsberechtigten Bedarf ein zum Volksentscheid gestelltes Gesetz der Zustimmung des Bundesrates, so kommt es nur zustande, wenn die Zahl der Bundesratsstimmen derjenigen Länder, in denen eine Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen für das Volksbegehren gestimmt hat und das Zustimmungsquorum nach Satz 3 erreicht worden ist, der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates entspricht.
(5) Eine Million Abstimmungsberechtigte haben das Recht, ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz dem Volksentscheid zu unterwerfen (volksbegehrtes Referendum). Absatz 2 Satz 2 sowie die Bestimmungen über das Volksbegehren (Absatz 3) und den Volksentscheid (Absatz 4) gelten entsprechend.
(6) Der Bundestag kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschließen, ein Bundesgesetz oder im Rahmen seiner Zuständigkeit einen anderen bestimmten Gegenstand der politischen Willensbildung dem Volksentscheid zu unterwerfen (Parlamentsreferendum). Absatz 2 Satz 2 sowie die Bestimmungen über den Volksentscheid (Absatz 4) gelten entsprechend.
(7) Die Vertrauenspersonen haben in jedem Stadium des Verfahrens das Recht auf Anhörung in Bundestag und Bundesrat. Der Bundestag kann im Volksentscheid eine eigene Vorlage zur Abstimmung stellen, die im Verfahren nach Artikel 77 beschlossen wird. Bundestag und Vertrauenspersonen können eine gemeinsame Vorlage zur Abstimmung stellen, die den Anforderungen nach Satz 2 genügt. Die Vertrauenspersonen können zu diesem Zweck von ihrer ursprünglichen Vorlage abweichen, sofern diese nicht in ihrem Wesen verändert wird.
(8) Die ausgewogene Information der Öffentlichkeit über den Inhalt von Volksbegehren, Volksentscheiden und Referenden wird gewährleistet.
(9) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Dieses enthält insbesondere Regelungen zur Wahrung der Interessen der Länder und über die Erstattung der notwendigen Kosten für die angemessene Information über das Volksbegehren und einen angemessenen Abstimmungskampf.“
5. Dem Artikel 79 Absatz 2 werden die folgenden Sätze 2 bis 5 angefügt:
Ein Volksbegehren, das eine Änderung dieses Grundgesetzes zum Gegenstand hat, kommt zustande, wenn mindestens zwei Millionen Abstimmungsberechtigte unterzeichnen. In der Abstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das Änderungsgesetz kommt nur zustande, wenn mindestens ein Drittel der Abstimmungsberechtigten zustimmt. Artikel 78 Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.“
6. Artikel 93 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Nummer 4a werden nach der Zahl „38“ ein Komma sowie die Zahl „78“ eingefügt.
b) In Absatz 1 wird nach Nummer 4c folgende Nummer 4d eingefügt:
„4d. aus Anlass von Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheiden und Referenden auf Antrag der Vertrauenspersonen, des Bundestages, des Bundesrates, der Bundesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;“
Artikel 2 (Inkrafttreten)
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Berlin, den 11. Juni 2013
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Begründung:
A. Allgemeines
Das Grundgesetz sieht zwar in Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk in Form von Abstimmungen (verstanden als Sachentscheidungen) vor, diese Verheißung wird aber im markanten Gegensatz zu allen Bundesländern nicht einlöst. Die im Grundgesetz vorgesehenen „Volksentscheide“ im Rahmen der Neugliederung (Artikel 29 Absatz 2 Satz 1, Absätze 3, 6 und 8 des Grundgesetzes; vgl. noch Artikel 118 und 118a des Grundgesetzes) stellen zwar Abstimmungen in diesem Sinne dar, sind aber streng genommen lediglich „Bevölkerungsentscheide“. Vor diesem Hintergrund greift die Änderung des Grundgesetzes den empirisch fassbaren Wunsch des Bundesvolkes nach mehr direktdemokratischer Mitwirkung auf und ergänzt das Grundgesetz um Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid sowie Referenden, die entweder von den Bürgerinnen und Bürgern oder vom Bundestag initiiert werden können.
Die Änderung des Grundgesetzes fußt auf den mittlerweile vorliegenden Erfahrungen mit der direktdemokratischen Praxis der Länder; der Entwurf bezieht dabei rechtsvergleichende Einsichten ebenso ein wie den Stand der Forschung zur direkten Demokratie in Rechts- wie Politikwissenschaften. Der Änderung des Grundgesetzes liegen folgende Leitlinien zugrunde:
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Sie geht vom normativen Gleichrang mittelbarer wie unmittelbarer Demokratie aus; weder ist die direkte Demokratie die „eigentliche“ Volksherrschaft, noch gibt es eine irgendwie geartete Vorrangstellung des Repräsentativsystems, die gegen Instrumente der identitären Demokratie abzuschirmen wäre. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis beider „Lungenflügel“ der Demokratie ist ein rein faktisches: Direkte Demokratie ist die Ausnahme und wird dies bleiben.
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Konsequenz ist eine Gestaltung der direktdemokratischen Verfahren, die Bundestag und Bundesrat von Anfang an einbinden und einen Dialog zwischen den Repräsentanten und den Vertrauenspersonen der direktdemokratischen Instrumente ermöglichen. Das Verfahren wurde deshalb bewusst zeitlich gestreckt und um die Option der Modifikation der Vorlagen ergänzt, um öffentliche Debatten zu ermöglichen und Kompromisse bzw. konsensuale Lösungen zu erleichtern.
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Ein neuralgischer Punkt ist die Abbildung der föderalen Struktur der Bundesrepublik im Verfahren der Volksabstimmung auf Bundesebene. Neben eine an das Schweizerische „Ständemehr“ angelehnte Regelung treten daher hier zahlreiche prozedurale Sicherungen in Gestalt von Mitwirkungsrechten des Bundesrates, die sowohl die Interessen der Länder wahren als auch sicherstellen, daß der Sachverstand der Landesexekutiven zur Verbesserung volksinitiierter Gesetze beitragen kann.
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Die Änderung des Grundgesetzes hat sich nach dem Muster der Mehrheit der Bundesländer mit jüngeren Regelungen für ein dreistufiges Verfahren mit Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid entschieden. Daneben greift sie die Anregung aus der Wissenschaft auf, außer diesen Instrumenten der aktiven Gestaltung („Gaspedal“) auch das volksbegehrte Referendum als lediglich reaktive Möglichkeit der Korrektur des Parlamentsgesetzgebers („Bremse“) vorzusehen; insofern wird in Deutschland Neuland betreten. Gleiches gilt schließlich für die Möglichkeit des Bundestages, dem Bundesvolk Gesetze oder Sachfragen zur Entscheidung vorzulegen (Parlamentsreferendum).
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Die Änderung des Grundgesetzes setzt die geläufigen Hürden für direktdemokratische Instrumente bewußt „niedrigschwellig“ an und versteht sich insofern als Einladung zur bürgerschaftlichen Aktivierung, greift aber keine Maximalforderungen auf. Sie enthält einen eng auf den gesamten Haushaltsplan, auf öffentliche Abgaben und auf Dienstund Versorgungsbezüge beschränkten Finanzvorbehalt und sieht nach eingehender Diskussion ein Zustimmungsquorum von einem Viertel der Abstimmungsberechtigten vor. Eingedenk der mittlerweile fast einhelligen wissenschaftlichen Kritik an Quoren, die in dieser Form ein deutscher Sonderweg in Sachen direkter Demokratie sind, wird der verfassungsändernden Gesetzgeber zugleich in einer Beobachtungs- und gegebenenfalls Anpassungspflicht gesehen, sofern sich in der Praxis erweisen sollte, dass selbst dieses im Ländervergleich maßvolle Quorum auf Bundesebene (immerhin gut 15 Millionen Stimmen) prohibitiv wirken und Frustrationserlebnisse der Bürgerinnen und Bürger provozieren sollte.
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Die Änderung des Grundgesetzes setzt schließlich insofern Impulse, als sie Regelungen derjenigen Sachfragen vorsieht, die gegenwärtig in der Wissenschaft als potentielle Schwachstellen direkter Demokratie diskutiert werden, auf Landesebene aber bislang noch nicht oder nur vereinzelt berücksichtigt worden sind. Dazu zählen namentlich die faire und transparente Finanzierung direktdemokratischer Instrumente sowie der Rechtsschutz für und gegen sie. Die Änderung des Grundgesetzes verpflichtet hier den einfachen Gesetzgeber zu hinreichenden Vorkehrungen, ohne ihn im Detail binden zu wollen.
B. Einzelbegründung
Zu Artikel 1
Zu Nummern 1 und 2
Sie enthalten notwendige redaktionelle Anpassungen der Artikel 76 und 77 des Grundgesetzes, da die Regelung des Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene bislang nach ganz vorherrschender Ansicht Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid ausschließt.
Zu Nummer 3
Die Norm integriert den bisherigen Artikel 78 des Gesetzes in die Regelung des Gesetzgebungsverfahrens und passt in diesem Rahmen zwei Binnenverweise an.
Zu Nummer 4
Absatz 1 verknüpft die direktdemokratischen Instrumente implizit mit der demokratischen Grundregel des Artikel 20 Absatz 2 Satz 2; der Verweis auf die Wahlgrundsätze und das Wahlrecht unterstreicht den Gleichrang von Wahlen und Abstimmungen und entlastet den Text von eigenen Regelungen.
Absatz 2 enthält drei Regelungsbestandteile. Er sieht zunächst nach dem Muster der moderneren Landesverfassungen die Volksinitiative als ersten Schritt eines dreistufigen direktdemokratischen Verfahrens vor, das sich zugleich nicht auf Gesetzgebung beschränkt, sondern auch Voten des Bundesvolkes zu sonstigen Sachfragen (Großprojekte, Fragen außenpolitischer Natur u.a.m.) vorsieht (sog. andere Vorlagen). Mit einem Quorum von 100.000 Abstimmungsberechtigten (das entspricht bei 62.200.000 Wahlberechtigten zur letzten Bundestagswahl ca. 0,16 Prozent der Abstimmungsberechtigten) ist sie bewusst niedrigschwellig kalkuliert, um die nach den Erfahrungen aus den Ländern bestehenden Mobilisierungsschwierigkeiten im Flächenstaat zu kompensieren. Schließlich beschränkt Satz 2 den Finanzvorbehalt auf den Haushaltsplan in seiner Gesamtheit, auf öffentliche Abgaben und auf Dienst- und Versorgungsbezüge; daneben sind Vorlagen „ad personam“ ausgeschlossen.
Absatz 3 räumt für die nächste Stufe des Volksbegehrens bewusst viel Zeit ein, um die Kompromissfindung zu ermöglichen und zu verhindern, dass Entscheidungen unter dem Eindruck von Ereignissen fallen, die die Öffentlichkeit besonders aufgewühlt haben. Mit 1,61 Prozent der Abstimmungsberechtigten wählt der Entwurf erneut ein Begehrensquorum, das der Ausdehnung des Bundesgebietes Rechnung trägt und sich daher am unteren Rand des im Ländervergleich Üblichen orientiert.
Absatz 4 sieht für den Volksentscheid wiederum Zeit für Verhandlungen und konsensuale Lösungen vor. Ein maßvolles Zustimmungsquorum von 25 Prozent (Satz 3) vermeidet die in der Wissenschaft analysierten Effekte des Beteiligungsquorums, die im Einzelfall wie das negative Stimmgewicht im bisherigen Wahlrecht wirken können. Satz 4 orientiert sich zur Wahrung der Rechte der Länder an der bewährten Schweizerischen Regelung zum „Ständemehr“ (sog. doppelte Mehrheit).
Absatz 6 erlaubt dem Bundestag, mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Einzelfall eine ihm vorliegende Frage dem Volk zu unterbreiten (Parlamentsreferendum). Die Zwei-Drittel-Mehrheit stellt sicher, dass das Parlamentsreferendum nicht als Propagandainstrument der Parlamentsmehrheit missbraucht wird. Satz 2 stellt sicher, dass auch in diesem Fall der Finanzvorbehalt sowie die Schutzvorkehrungen zugunsten der demokratischen Legitimation (Zustimmungsquorum) wie des föderalen Aufbaus gelten.
Absatz 7 ordnet zunächst einen Dialog von Vertrauenspersonen und Parlament an (Satz 1), ermöglicht einen Gegenvorschlag des Bundestages, der nach üblichen Regeln mit dem Bundesrat abzustimmen ist (Satz 2), sowie einen gemeinsamen Vorschlag von Vertrauenspersonen und Parlament (Satz 3). Zentral ist die Möglichkeit der Vertrauenspersonen, im Interesse der Konsensfindung von Maximalpositionen ihrer Vorlage abzuweichen, ohne ihren Regelungsgehalt bzw. ihr Regelungsziel im Kern zu verändern (Satz 4).
Absatz 8 regelt die Information der Öffentlichkeit und zielt damit einmal mehr darauf, die direktdemokratischen Verfahren weniger als punktuelle Entscheidungsmechanismen denn als gesellschaftliche Kommunikationsprozesse zu begreifen.
Absatz 9 räumt dem Bund die ausschließliche Kompetenz zur Regelung der Einzelheiten ein und sichert gleichzeitig durch die Zustimmungspflichtigkeit, dass auch das Ausführungsgesetz die Interessen der Länder wahrt. Zugleich verpflichtet die Norm den Bundesgesetzgeber auf gewisse Mindestinhalte (Kostenerstattung und Information), ohne ihn darin festzulegen, wie er diese Zielvorgaben umsetzt.
Zu Nummer 5
Die Anpassung von Artikel 79 des Grundgesetzes stellt klar, dass nunmehr auch die „vollplebiszitäre“ Verfassungsänderung möglich ist. Um den erhöhten Schutz der Verfassungsurkunde gegen Änderungen zu gewährleisten, werden das Begehrensquorum verdoppelt (ca. 3,22 Prozent der Abstimmungsberechtigten) und das Zustimmungsquorum auf ein Drittel erhöht. Die Mitwirkung des Bundesrates wird durch die entsprechende Anwendung der Regel zum „Ständemehr“ kompensiert.
Zu Nummer 6
Die Regelung zum Rechtsschutz stellt zweierlei sicher: Das Stimmrecht wird durch Ergänzung des Artikel 93 Absatz 1 Nr. 4a des Grundgesetzes verfassungsbeschwerdefähig und auch insofern dem Wahlrecht gleichgestellt. Die nach dem Vorbild einzelner Landesverfassungen formulierte neue Nr. 4d sorgt dafür, dass bislang bestehende Rechtsschutzlücken bzw. Unsicherheiten über die Grenzziehung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit wegfallen und das Bundesverfassungsgericht über Abstimmungen des Bundesvolkes einheitlich entscheiden kann. Das an die abstrakte Normenkontrolle angelehnte Viertelquorum dient dem Schutz der Rechte der parlamentarischen Minderheit.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.